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Mehr als 500 Jahre vor der industriellen Revolution erschien das Wort „office“ im Englischen. Mit dem Erscheinen im gängigen Sprachgebrauch wird die Art und Weise, in der wir arbeiten, zu einem Kulturgut und die Umstände, die man als Zusammenarbeit versteht, Ausdruck eines Zeitgeistes – gar zu dem eines Menschenbildes. Drei Epochen der Zusammenarbeit sollen dies veranschaulichen
© Cornell University Library, Local 10 Amalgamated Ladies Garment Cutters Unio
Der Büroraum als Fabriklayout – der Arbeitnehmende als austauschbare Maschine. Mit diesem Credo ließe sich wohl treffend der Umgang mit Mitarbeitenden derzeit bezeichnen. Das (nicht nur sprichwörtliche) Machtmonopol befindet sich auf der Seite des Arbeitgebenden. Selbst widrige, menschenverachtende Arbeitsbedingungen, wie sie seit den Fabriken des Zeitalters der industriellen Revolution bekannt waren, wurden von Arbeitenden toleriert. Wenngleich sich diese Bedingungen durch das Aufkommen von Gewerkschaften und institutionellen Schutzorganen (wie Betriebsräten) schrittweise milderten, befolgten Arbeitnehmende schlicht Arbeitsanweisungen von Vorgesetzten. Kontakte unter Arbeitenden wurde möglichst unterbunden; aus Produktivitätsgründen und Angst vor Bündnis und Boykott.
© Kheel Center, Scene in laboratory
Der Beifall für das »Action Office«, umgangssprachlich »Cubicle«, in den 1960ern für seine Privatsphäre im Großraum geschätzt, verstummt. Der Vorwurf, man werde nach wie vor platzsparend, legebatterienartig »gelagert«, hält sich unter vielen Arbeitenden.
Die 70er Jahre stehen im Zeichen des gelebten Individualismus. Ein verblassendes »Top- Down«-Denken und die damit einhergehende Anerkennung des Mitarbeitenden als Mensch – nicht reine Arbeitsleistung – bewirkt die Auflösung strenger Dresscodes. Eine optisch andersartige, aber ästhetisch nicht unerhebliche Veränderung in Wahrnehmung und Wirkung von Büroraum und -geschehen.
Auch das Arbeiten von »9-to-5«, aufkommend in den 80er Jahren, war eine Errungenschaft bezüglich regelmäßiger, unwillkürlicher Arbeitszeit. Die Zusammenarbeit blüht mit dem Ansehen des Arbeitenden als Individuum, dessen Bemühungen es nicht rein monetär zu entlohnen gilt, auf. Untereinander werden aus Kolleg*innen Freund*innen, mit denen auch außerhalb von Arbeit und Mittagspause Zeit verbracht wird.
© SFC, Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Die 1990er Jahre kultivieren Debatten und Modebegriffe, die im heutigen Jargon verweilten. Die »Work-Life-Balance« rückt mit »Benefits« auf eine Bühne, die sich mit dem Titel »Unternehmenskultur« [LINK!] schmückt. Ein Gemeinschaftsgefühl Arbeitnehmender ist nicht nur gewünscht, sondern wird durch Teambuilding-Massnahmen aktiv gefördert.
Unablässig nimmt das Selbstbewusstsein Arbeitnehmender in den 90er Jahren zu: Es drückt sich nun auch im Selbstverständnis aus und lässt die Machtverhältnisse kippen.
Gutes Betriebsklima und einwandfreie Arbeitsbedingungen sind Voraussetzung dafür, dass Unternehmen weiterhin hochqualifizierte Arbeitskräfte finden, deren langfristige Loyalität nicht mehr selbstverständlich ist. Allzuoft wird Steve Jobs zitiert: »“It doesn't make sense to hire smart people and then tell them what to do. We hire smart people so they can tell us what to do.”
Cubicles sind Seltenheit und werden breitflächig durch Open-Floor Offices ersetzt. Es entspricht dem Ideal der Diversität aus Generation, Kultur und Nationalität, die innerhalb einer Belegschaft und des Büros durch Unternehmen gefördert werden solle. Arbeitnehmende sehnen sich nach Unabhängigkeitsidealen der Freiberuflichen. Technologische Errungenschaften, wie Kommunikations- und Cloudlösungen verschieben physische Arbeitsplätz in digitale Räume. Nicht erst seit der Pandemie entsteht das Büro, zumindest zeitweise, im eigenen Heim.